Mikrokosmos Natur - Teil 2
Zeichnen mit der Stippling Technik
Im ersten Teil “Mikrokosmos Natur - Pflanzen Zeichnen mit Hilfe des Binokulars” habe ich dir von meinem faszinierenden Workshop-Wochenende erzählt, in dem meine Freundin und ich die kleinen Wunder der Pflanzenwelt unter dem Binokular erforschen konnten.
Die ganze Geschichte erfährst du hier.
Zu Hause angekommen, ohne Binokular und ohne Yasumins Anleitung, war es eine Herausforderungen, an meinem auserkorenen Mangoldsamen weiterzuarbeiten.
Spoiler Alert: Ich habe es geschafft!
Meine Zeichnung wurde sogar in einer Online Ausstellung gezeigt und ist aktuell auch wieder in einer zu sehen. Mehr erfährst du, wenn du weiterliest!
Inhaltsverzeichnis
Obwohl ich nach dem Workshop Wochenende mega motiviert war an meiner Zeichnung weiterzuarbeiten, kam ich erstmal nicht dazu…
Du kennst das sicher, es kommt einfach das Leben dazwischen und es gibt dringendere Dinge zu erledigen, als ein Bild fertig malen.
Die Energie und Motivation aus dem Workshop ist dann irgendwann auch noch der Prokrastination gewichen.
Ich habe an das Bild gedacht und mir eingeredet, dass es ohne Binokular sicher sowieso nichts wird.
Dann habe ich mir überlegt, ob ich das wirklich final auf diesem Papier zeichnen will, was, wenn es dann doch nicht so wird, wie ich es will und die ganze Arbeit “umsonst” war.
Kinder krank, ich krank, Aufgaben fangen an sich zu stapeln... Die Liste kann ja endlos fortgeführt werden.
Heute kann ich gar nicht mehr genau sagen, wann und warum ich dann doch wieder angefangen habe, an der Zeichnung weiterzuarbeiten.
Wahrscheinlich einfach, weil es keine Rechtfertigung dafür gibt, eine Zeichenplatte in A2-Größe auf dem extra eingerichteten Arbeitsplatz im Schlafzimmer zu haben, ohne ihn auch zu benutzen.
Also musste ich etwas tun. Am Anfang habe ich mir einfach mal meine Vorskizze auf die Zeichenplatte geklebt (mit einem Maskingtape), mir mein Transparentpapier und Materialien bereitgelegt.
Es sind wirklich diese kleinen Schritte, die einen voran und am Ende auch ans Ziel bringen.
Der Zeichenprozess ist eine ganz eigene Herausforderung.
Mache ich eine Outline um das Objekt? Wenn ja, eine richtige Linie, oder eher gepunktet, oder eine Mischform?
Es geht darum, das bestmögliche Gleichgewicht zwischen Licht, Schatten und mittleren Tonwerten zu finden, um der Zeichnung Tiefe zu geben - das war alles Teil der Lernkurve.
Jede Herausforderung hat mich auch etwas gelehrt. Und jede dieser Lehren hat zur Besonderheit meiner endgültigen fertigen Zeichnung beigetragen.
Besonders bei so präzisen Arbeiten ist es wichtig, Pausen einzuplanen. Da ich mich für das Stippling mit Finelinern entschieden habe - also das “punkteln”, auch Dotwork genannt - laufen einem irgendwann die Augen über und es ist schwer noch akkurat zu arbeiten.
Mir hilft es dabei besonders, wenn ich zum Ausgleich einfach den Himmel und die Wolken beobachte, etwas Ruhiges ohne Fokus.
Und auch meine Hand und mein Rücken freuen sich über eine Auszeit, damit sich die Muskeln entspannen können.
In der nachstehenden Galerie seht ihr wie Schritt für Schritt die Zeichnung entstanden ist.
Von der Bleistiftskizze, über den Transfer auf das finale Zeichenpapier bis hin zum tatsächlichen Zeichenprozess mit dem Endergebnis.
Die Welt des Stipplings, eine Technik die genau so meditativ wie auch präzise ist. Lage um Lage arbeitet man die Schatten heraus und erzeugt Form und Tiefe in der Zeichnung, so konnte ich hervorragend die sehr feinen Strukturen des Mangoldsamens herausarbeiten.
Viele Leute denken, dass sie viel zu ungeduldig sind für diese Art des Zeichnens.
Ich kann nur sagen, ich bin nicht besonders gut in Geduld - mein Mann hat diesbezüglich auch einen Spitznamen für mich, der allerdings geheim bleibt.
Was ich damit sagen will… Du kannst auch als ungeduldiger Mensch stippeln. Es kommt nämlich gar nicht darauf an, wie schnell du fertig wirst.
Es kommt auf den Flow an. Und mit dieser Zeichentechnik kommst du besonders gut in den Flow.
Du vergisst die Zeit einfach, weil du so viele machbare Mini-Entscheidungen triffst, die deine Zeichnung entstehen lassen, dass du nicht ständig Angst hast einen Fehler zu machen, der dein ganzes Bild ruinieren könnte.
Ja, ich spreche da aus Erfahrung…
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Für meine Zeichnung des Mangoldsamens habe ich mich für den Finliner Sakura Pigma Micron in Größe 005, Farbe schwarz, entschieden.
Auch Teil der Lernkurve: Ich würde beim nächsten Werk auch noch andere Größen verwenden.
Der 005 ist zwar super empfehlenswert für die sehr hellen und feinen Bereiche in der Zeichnung, aber im Schatten verbringst du damit Stunden, um einen dunklen Ton zu erreichen.
Warum habe ich das dann gemacht? Weil ich mir nicht sicher war, ob ich dann nicht zu dunkel werden würde mit einem dickeren Stift. Lesson learned: Nächstes Mal auch dickere Stifte verwenden.
Man wächst mit seinen Bildern!
Das Stippeln, das viel Zeit, Präzision und Fokus verlangt, schafft für mich eine besondere Verbindung zum Objekt. Es ist ein Zeichen der Hingabe und Liebe.
Eine schwere Entscheidung ist für mich auch immer, wann denn das Werk nun fertig ist. Gibt es einen perfekten Zeitpunkt dafür?
Ich denke nein. Es ist eine ganz persönliche Entscheidung und man lernt mit der Zeit, auf sich selbst zu hören.
Wenn du dir nicht sicher bist, lass deine Zeichnung ruhen und komm zurück, wenn du noch etwas hinzuzufügen hast.
Ansonsten rahme es ein und hänge es an die Wand, damit du dich täglich daran erinnern kannst, was du mit Zeit, Hingabe und Fokus geschaffen hast.
Kurz nach Fertigstellung meines Werkes “Planet Chard” (zu deutsch “Planet Mangold”) rief die Association of Botanical Artists - kurz ABA - dazu auf sich für ihre Online-Ausstellung “Beauty in the Detail” zu bewerben.
Ich meine, wenn dieser Mangoldsamen keine Schönheit im Detail ist, was dann?!
Also habe ich meine Zeichnung gescannt und mich um einen Platz in der Ausstellung beworben - und mein Werk wurde angenommen!
Es ist nicht so, dass ich für mich eine Validierung für mein Bild gebraucht hätte, ich freue mich einfach, wenn ich Anderen diese Art des Zeichnens und solche eher außergewöhnlichen Objekte zeigen kann.
Mein Anliegen ist es, dass viel mehr Menschen genauer hinsehen und vielleicht/hoffentlich einen Stift, Pinsel, was auch immer, in die Hand nehmen, um diese Schönheit festzuhalten.
Wenn du nun Lust auf mehr Inspiration und botanische Schönheiten hast, besuche mich gerne auf Instagram und sieh´ dir an, an was ich aktuell arbeite.
Ich freue mich auch immer auf Anregungen, Wünsche und Fragen, die ich beantworten kann!
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, schreib´ mir super gerne in die Kommentare.
Ich freue mich von dir zu hören! 🌿🎨